Digitalisierung im Sport: Wie viel Digitales steckt schon im Sport?

Bildquelle: sik-life / Pixabay

Sport ist Mord. Stimmt natürlich nicht wirklich und ist meist die beliebteste Ausrede derer, die mit Muskelkater so gar nichts anfangen können. Mittlerweile steckt aber doch etwas Wahrheit in dieser Aussage. Denn Sport wird digital. eSport nennt sich das Ganze, das nicht nur Fußball und Co. auf den Monitor bringt, sondern von Spielern auch verlangt, seinen Gegner buchstäblich in Einzelteile zu zerschießen. Sport ist Mord stimmt also teilweise doch. Viel interessanter ist aber die Frage, wie die Digitalisierung den Sport im Allgemeinen beeinflusst. Denn auch dort bringt die digitale Transformation einige Vorteile, obgleich auch kritisch Töne nicht ausbleiben.

Die Formel 1 macht es vor: Echtzeit-Analyse dank Cloud-Computing

Formel 1 mag nicht jedermanns Sache sein, trotzdem zeigt sich aktuell gerade im Rennsport, wie vorteilhaft digitale Prozesse und Techniken im Sport eingesetzt werden können – und zwar nicht nur für die Beteiligten selbst, sondern auch für Zuschauer und Fans.

Aktuell arbeitet die Formel 1 mit einem der größten Cloud-Provider überhaupt zusammen: Amazon Web Services. Doch wie passt das zusammen? Formel-1-Boliden der aktuellen Saison 2019 sind mit zahlreichen Sensoren ausgerüstet, die über 250.000 GB an Daten generieren – und das pro Rennen, das im Schnitt nur 90 Minuten andauert.

Die Kooperation soll vor allem dazu beitragen, den Fans unvergleichliche Einblicke in den Rennbetrieb und völlig neuartige Analysen zu bieten.“
– Pete Samara, Direktor für Innovation und Digitale Technologie in der Formel 1

Diese Daten wiederum können zur Analyse von beispielsweise Leistungsdaten genutzt werden und um diese wiederum mit historischen Datensätzen zu vergleichen. So wäre es möglich, dem Zuschauer noch während des Rennens Live-Analysen zur Verfügung zu stellen, woraus sich strategische Manöver wie Boxenstopps voraussagen ließen. Die Formel 1 würde so auch interaktiver werden, möglich macht dies aber erst die Rechenleistung in der digitalen Cloud.

Verliert der Sport seinen Überraschungsmoment?

Datenbasierte Voraussagen über den Ausgang eines Sportevents – ist das die Zukunft des digitalen Sports? Geht es nach Mati Kochavi, CEO der Sicherheitsfirma AGT International, dann wird dies wohl so sein. Seiner Meinung zufolge würden Menschen heutzutage nicht mehr Sport wie früher schauen, sondern fundierte Analysen in Echtzeit verlangen. Der Sportzuschauer agiere somit rationaler, weniger emotional, was auch damit zu tun haben könnte, dass Wetten im Sport immer beliebter werden – auch hier hat die Digitalisierung ihren Anteil.

In der Firma Kochavis wird derzeit eifrig an unzweifelhaften Vorhersagen gearbeitet, dabei dreht sich aktuell alles um Martial Arts. Sensoren messen die Mimik und Gestik der Kämpfer, ihre Trefferquote und Treffgenauigkeit und sammeln Tausende von Daten in wenigen Sekunden. So ließen sich bei ausgereifter Technik sehr präzise Vorhersagen treffen, zum Beispiel ob ein Kämpfer nach einem Niederschlag nochmal zurückkommt oder wie Fangesänge den Fighter beeinflussen.

Aber führt dies alles nicht dazu, dass der Sport seinen Reiz verliert? Peter Havart-Simkin, Analyst des Marktforschungsunternehmens Gartner, warnt vor einem „Zu-Tode-Analysieren“ des Sports, eine Art Entmystifizierung könnte einsetzen, die sportliche Veranstaltungen zumindest für einige Zielgruppen uninteressant werden ließen könnte.

Allerdings könnten Sportler und Teams selbst durchaus profitieren. In der Formel 1 wolle man die Analysen und Daten dazu einsetzen, den Sport ausgeglichener zu gestalten. Aus den Datensätze kann immerhin auch abgeleitet werden, welche Teams und Autos aufgrund welcher Faktoren häufiger gewinnen oder auf den vorderen Plätzen landen als andere. Hier ließe sich wiederum ansetzen, um durch neue Regeln fairere Rennabläufe zu gewährleisten.

Ist digitaler Sport noch Sport?

Dort, wo die Digitalisierung des Sports bereits abgeschlossen ist, das ist zweifelsohne der eSport. Ist ja auch gar nicht anders möglich, letztlich finden Wettkämpfe hier ausschließlich digitalisiert statt, während die Menschen eher im Hintergrund auf ihrem Stuhl vor dem Laptop, PC, der Playstation oder Xbox sitzen.

Leistung wird im eSport vor allen Dingen von den technischen Geräten erbracht, denn ohne auf Gaming ausgelegte Computer oder Konsolen geht im eSport nur wenig. Die Spieler selbst wirken nicht immer wie Leistungssportler – auch ein Grund, weswegen derzeit eifrig diskutiert wird, ob eSport nun wirklich als Sport gelten kann. Diese Diskussion hat es mittlerweile sogar in die Politik geschafft, denn am Ende geht es auch um Geld.

Klar ist nämlich: Wird eSport als Sport anerkannt, dürfen auch Vereine gegründet werden. Diese wiederum gelten als gemeinnützig, müssten keine Steuern zahlen und hätten gar ein Anrecht auf öffentliche Fördermittel. Lange Zeit stelle sich die Politik hier aber quer. In einem offiziellen Gutachten wurde dann sogar bestätigt, dass eSport kein Sport sei. Grundlage der Entscheidung bildeten die Regeln des Olympischen Sportbundes:

  1. Als Sport kann nur die Tätigkeit bezeichnet werden, bei der sich Menschen motorisch bewegen.
  2. Sport erfolgt in vereinsähnlichen Strukturen.
  3. Die sportliche Tätigkeit muss sich ethischen Grundsätzen wie Chancengleichheit verpflichtet fühlen.

„Da können wir immer mit dem schönen Beispiel Schach kommen, da kommt auch kein Athlet ins Schwitzen. Wohingegen ein Spieler bei Starcraft 2 zum Beispiel bis zu 300 Anschläge pro Minute auf der Tastatur hat. Da kommen die Spieler tatsächlich ins Schwitzen. Und vor allen Dingen ist es auch eine mentale Anstrengung, die da stattfindet.“
– Michael Bister, ESL

Bei etwas näherer Betrachtung können alle Forderungen aber durchaus auch auf den elektronischen Sport angewandt werden. Auch das Argument mit fehlender Bewegung ist sicherlich nicht haltbar, letztlich bewegen sich Menschen auch beim Schach oder Sportschießen nur sehr wenig. Ein eSportler muss bei einigen Spielen aber bis zu 300 Anschläge auf Tastatur und simultan Mausklicks umsetzen – und kommt so sicherlich mehr ins Schwitzen als so manche Teilnehmer „echter“ Sportarten.

Das Asiatische Olympische Komitee hat eSport mittlerweile übrigens als Sport anerkannt. 2022 wird es bei den Olympischen Spielen daher auch eSportler geben, die um Goldmedaillen kämpfen.

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