Mobil mit dem Handy bezahlen – hat Mobile Payment eine Zukunft?

Kunde will mobil mit dem Handy bezahlen an der Kasse
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Mobil mit dem Handy bezahlen. Dies klingt eigentlich gar nicht so schlecht. Kein üppiges Portemonnaie mehr mit sich führen, kein Klimpergeld, kein langes Stehen an der Kasse. Doch in Deutschland kommt Mobile Payment im Vergleich zu anderen Ländern nicht richtig in Fahrt. Gründe hierfür gibt es viele. Dabei kann sogenanntes NFC-Bezahlen auch viele Vorteile für den zahlenden Kunden mitbringen. Wo aber liegen Risiken, wo die Herausforderungen beim Bezahlen mit dem Handy? Und bei welchen Anbietern ist mobiles Bezahlen in Deutschland bereits möglich? Im Folgenden erfahrt Ihr mehr.

Was ist eigentlich Mobile Payment?

Bislang hat es Mobile Payment in Deutschland noch nicht geschafft, die Bezahl-Revolution einzuläuten; nicht wie zum Beispiel in Dänemark, wo seit 2017 kein neues Bargeld mehr ausgegeben wird, oder auch Schweden, wo Münzen und Scheine mittlerweile wie ein archaisches Zahlungsmittel wirken. Deutschlands Skepsis, was bargeldloses Bezahlen anbelangt, mag auch damit zusammenhängen, dass mobiles Bezahlen hierzulande durch die zahlreichen Anbieter noch sehr unterschiedlich realisiert und dadurch verkompliziert wird.

Die einen nutzen den mittlerweile fast klassischen QR-Code, andere greifen auf Near Field Communication (NFC) zurück, um bargeldloses Bezahlen an der Tankstelle, im Supermarkt oder gar im Bus zu ermöglichen.

QR-Code und NFC – Was ist das?

  • QR-Code:
    QR steht für Quick Response und ist eine Technik, die 1994 vom japanischen Automobilzulieferer Denso Wave zur Kennzeichnung von Automobilteilen von Toyota entwickelt wurde. QR-Codes enthalten spezifische Informationen, die als binärer Code verschlüsselt sind. Beim Mobile Payment kann mithilfes eines im Smartphone inkludierten Decoders die Matrix interpretiert werden. Die Kameraauflösung muss mindestens 2 Megapixel betragen.
  • NFC:
    Bei der Near Field Communication handelt es sich um eine Nahfunk-Technologie, die den elektronischen Datenaustausch zweier Geräte über eine kurze Distanz von bis zu 10 Zentimetern ermöglicht. Der praktische Vorteil: Dieser Prozess kann sogar passiv ablaufen. Mobiles Bezahlen mit dem Smartphone über einen integrierten NFC-Chip wird somit auch dann möglich, wenn das Handy ausgeschaltet ist. Die Energie für den Datentransfer wird dann vom gekoppelten Gerät über eine Radiofrequenz gestellt. Dadurch können Kunden praktisch im Vorbeigehen bezahlen – ohne PIN-Eingabe, Unterschrift oder Ähnliches.

Mittlerweile kann in Deutschland bereits in vielen Geschäften komplett bargeldlos mit dem Smartphone bezahlt werden. Häufig wird hierfür eine Wallet-App benötigt. Die „virtuelle Geldbörse“ muss entweder mit den persönlichen Kreditkarteninformationen oder mit dem eigenen Girokonto verknüpft werden. Kreditkarte oder Konto werden erst nach bezahlter Rechnung belastet.

Eine andere Möglichkeit bieten Prepaid-Modelle. Hier müsst Ihr Euer Konto mit Guthaben aufladen, bevor Ihr an der Kasse mit dem Handy bezahlen könnt. Ist das Guthaben aufgebraucht, ist ein Einkauf dann nicht mehr möglich.

Doch um mobiles Bezahlen überhaupt nutzen zu können, ist ein für diesen Service technisch ausgerüstetet Mobiltelefon vonnöten. Dies bedeutet, dass Euer Smartphone einen integrierten NFC-Chip vorweisen muss. Auch das Betriebssystem muss NFC-fähig sein. Im Folgenden zeigen wir Euch einige NFC-fähige Smartphones in der Übersicht (keine Vollständigkeit. Tabelle dient nur einer exemplarischen Übersicht):

NFC-fähige Smartphones (hier klicken, um Tabelle auszuklappen)
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Bei welchen Anbietern kann man mit dem Handy bezahlen?

Was Wallet-Apps anbelangt, gibt es verschiedene Anbieter, die Ihre Dienste offerieren. Grundsätzlich gilt es, zwischen Netzbetreibern und Samrtphone-Herstellern zu unterscheiden, die in der Regel eigenständige Lösungen für Kunden anbieten.

Welcher Bezahl-Dienstleister der richtige Anbieter für einen ist, hängt natürlich zum einen vom indidivuellen Bezahlverhalten ab, zum anderen aber auch von der Akzeptanz des Bezahldienstes in der freien Wirtschaft. Denn letztendlich besitzt eine Wallet-App nur dann einen praktischen Nutzen, wenn mobiles Bezahlen auch vom jeweiligen Kaufhaus oder Geschäft über die jeweilige App akzeptiert wird.

Wallet-Apps: Netzbetreiber, Dritt- und Smartphone-Anbieter

  • Wallet-Apps der Netzbetreiber
    Noch im letzten Jahr waren Wallet-Apps von Netzbetreibern sehr beliebt. Mittlerweile ist in Deutschland lediglich noch die Wallet-App von Vodafone verfügbar. Bei der Telefónica Germany und der Deutschen Telekom steht eine Applikation für mobiles Bezahlen nicht mehr zur Verfügung. Als Gründe wurden unter anderem internationale Konkurrenz sowie Komplikationen mit den deutschen Finanzinstituten angeführt.

    Die Vodafone-Wallet hingegen wird auch 2017 weiter fortgeführt, auch wenn der bisherige Dienst „SmartPass“ vor kurzem eingestellt wurde. Zukünftig können Vodafone-Kunden ihre Wallet-App mit dem PayPal-Konto verknüpfen und mittels auf dem Account hinterlegter Kredit- bzw. Debitkarte bezahlen.
  • Wallet-Apps der Smartphone-Hersteller
    Bislang haben die großen Smartphone-Hersteller von Apple bis Samsung ihre virtuellen Geldbörsen noch nicht für den deutschen Markt freigeschaltet. Zumindest Apple Pay soll aber 2017 auch in Deutschland starten. Während Apple Pay und darüber hinaus Samsung Pay, Android Pay, Huawei Pay und Microsoft Wallet in den USA, China und europäischen Staaten bereits erfolgreich angelaufen sind, warten deutsche Smartphone-Besitzer noch auf den Startschuss. In diesem Jahr dürften die Smartphone-Hersteller aber auch den deutschen Markt sondieren.
  • Wallet-Apps privater Anbieter
    Abseits kontaktloser Bezahlmethoden, die entweder an einen laufenden Mobilfunkvertrag bzw. an eine SIM-Karte oder ein Smartphone gebunden sind, gibt es auch private Wallet-Apps, die von Drittanbietern bereitgestellt werden. Hierzu zählen zum Beispiel boon oder SEQR. Jedoch unterscheiden sich die Anbieter teils extrem. Zwar fallen bei beiden Anbietern vorerst keine Kontoführungsgebühren an (bei boon nach 12 Monaten 0,99 Euro/Monat), beim bargeldlosen Bezahlen im Ausland erhebt boon aber Gebühren, während SEQR darauf verzichtet. Dafür lässt sich das Guthaben-Konto bei boon über Kreditkarte oder Banküberweisung aufladen, bei SEQR ist dies lediglich über das Lastschriftverfahren möglich.

Bleibt die Frage, wo man in Deutschland bargeldlos mit dem Handy bezahlen kann und welche App dafür benötigt wird. Insbesondere bei den Supermärkten und Discountern ist mobiles und bargeldloses Bezahlen seit Mitte letzten Jahres angekommen, wird von den jeweiligen Ketten aber auf unterschiedlichem Wege realisiert.

Vor allen Dingen in Berlin wurde im April 2015 mit dem Projekt „NFC City Berlin“, das von der GS1 Germany angestoßen wurde, viel Wirbel um bargeldloses Bezahlen mit dem Handy gemacht. 12 Monate lief das Projekt, das mit der Galeria Kaufhof, OBI, real, Penny und Co. einige bekannte Namen vorweisen konnte, die ihren Kunden Mobile Payment mit dem Smartphone anboten.

Das Ergebnis nach 12 Monaten fiel allerdings ernüchternd aus. Kurz gesagt: Die Deutschen zahlen weiterhin lieber bar und wollen lediglich Beträge bis 50 Euro mit dem Handy bezahlen. (Weitere Informationen zum Projekt und seiner Ergebnisse findet Ihr hier.)

Aber dennoch: Mobile Payment soll in Deutschland den Durchbruch schaffen. Dies belegen auch die vielen Möglichkeiten, in deutschen Geschäften mobil bezahlen zu können. In der folgenden Tabelle könnt Ihr sehen, wo Ihr in Deutschland bei welchem Lebensmittel-Händler bereits bargeldlos mit dem Smartphone bezahlen könnt und welche App Ihr dafür benötigt:

Deutschland und die Deutschen für Mobile Payment nicht gerüstet

2015 wurde von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft pwc unter 1.000 deutschen Smartphone-Nutzern eine repräsentative Umfrage zum Thema Mobile Payment durchgeführt. Es war das Jahr, in dem zahlreiche deutsche Supermarkt-Ketten und Geschäfte bargeldloses Zahlen erstmalig ermöglichten.

Die Ergebnisse zeigten, dass mobiles Bezahlen mit dem Handy in Deutschland zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht das bevorzugte Bezahlverfahren war, die Aussichten, dass sich dies in den kommenden Jahren ändern könnte, waren aber durchaus gegeben.

Ergebnisse der pwc-Umfrage zum Thema Mobile Payment von 2015 in der Übersicht

  • Wenig genutzt, aber großes Interesse
    75 Prozent aller Deutschen hätten noch niemals bargeldlos mit dem Smartphone eingekauft, 35 Prozent dieser Personen waren aber bereit, diese Bezahlmethode in naher Zukunft auszuprobieren.
  • Vorteile mobiler Bezahlvorgänge sind bekannt
    Circa drei von vier Deutschen kannten die Vorteile des Mobile Payment (Prüfung von Geldbewegungen am Telefon, kein Geldzählen etc.). Mehr als die Hälfte der Befragten war der Meinung, mobiles Bezahlen würde das Einkaufen unkomplizierter machen.
  • Sorgen um Smartphone- und Daten-Missbrauch allgegenwärtig
    36 Prozent der Befragten konnten sich mobiles Bezahlen nicht vorstellen. Als Hauptgrund wurde die Angst vor Daten- bzw. Smartphone-Missbrauch genannt. Knapp 90 Prozent fürchten sich vor Hackern und Smartphone-Diebstahl. 28 Prozent der Deutschen würden grundsätzlich lieber mit Bargeld bezahlen.

Eine jüngere Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte legt nun nahe, dass die Angst vor den Gefahren beim Mobile Payment in Deutschland dazu führen könnte, dass mobile Zahlungsvorgänge hierzulande noch lange auf sich warten lassen könnten.

Die Ergebnisse der Studie sind für Anbieter mobiler Bezahlsysteme ernüchternd.

Klaus Böhm, Direktor bei Deloitte

Als Hauptgrund für die fehlende Begeisterung für mobiles Bezahlen wurden wiederum Sicherheitsbedenken angeführt. Zudem gebe es zu wenige Akzeptanzstellen und die uneinheitlichen und teils komplizierten Zahlungsvorgänge würden ebenfalls abschreckend wirken.

Überraschenderweise stößt Mobile Payment nicht nur beim älteren Semester auf Ablehnung. Auch jüngere Verbraucher sind derzeit der Meinung, dass die Risiken beim mobilen Bezahlen die Nachteile überwiegen. Der Umfrage zufolge würden in Deutschland lediglich vier Prozent der Menschen mit dem Handy bezahlen.

Akzeptanz und Wallet-Apps müssen sich verbessern

Die Umfragen der letzten Jahre in Deutschland haben gezeigt, dass die Deutschen zwar wissen, welche Vorteile Mobile Payment bereithält, die Sicherheitsbedenken sind es aber vor allen Dingen, die den Wallet-Apps den Durchbruch hierzulande noch versagen.

In anderen Ländern hingegen sieht es gänzlich anders aus. In Japan beispielsweise verdrängt Mobile Payment allmählich das klassische Zahlungssystem. 49 Prozent aller Japaner nutzen bereits mobile Bezahldienste. Doch nicht nur im interkontinentalen Vergleich hinkt Deutschland hinterher. Auch in Europa wird in fast keinem anderen Land so wenig mobil bezahlt wie in Europas Mitte.

Umfragen zeigen jedoch, wo die Anbieter ansetzen können und müssen, soll mobiles Bezahlen auch in Deutschland endlich den Durchbruch schaffen. Wie vorangegangene Studien zeigten, müssen Wallet-Anbieter insbesondere beim Thema Sicherheit und Datenschutz zulegen:

Statistik wichtige Kriterien für Mobile Payment in Deutschland
Bildquelle: digital-age.net
Das Thema Datenschutz und Datensicherheit ist für die Deutschen der wichtigste Parameter bei der Bewertung von Mobile Payment.
Was das Thema Sicherheit und Datenschutz anbelangt, sind Verbraucherschützer derzeit ohnehin besorgt. Zwar hat die NFC-Technik durch die geringe Reichweite im Grunde einen annehmbaren Sicherheits-Automatismus integriert, Studenten der TU Darmstadt konnten aber bereits zeigen, dass sich auch NFC-Payment gezielt manipulieren lässt.

Obendrein speichern die virtuellen Geldbörsen eine Vielzahl nutzerspezifischer Datensätze über beispielsweise Geldtransfers, Beträge, Guthaben oder Datum der Transaktion. Speziell im Falle der 2012 von der Sparkasse ausgegebenen NFC-Geldkarte „Girogo“ liefen Datenschützer Sturm, da lediglich mit einem RFID-Lesegerät sowie passender Software jeder die Möglichkeit habe, die Daten auch ohne PIN auszulesen.

Besonders stieß den Datenschutzbeauftragten auf, dass Sparkassen-Kunden gar nicht selbst entscheiden durften, ob sie das neue System nutzen wollen oder nicht, ähnlich wie es derzeit von der Bundesregierung für den Personalausweis und seiner Online-Funkion geplant ist. Girogo wurde nämlich zur Pflichtumstellung für jeden EC-Kartenbesitzer der Sparkassen.

Letztendlich dürfte sich der Erfolg von Mobile Payment auch darauf zurückführen lassen, ob Handel und Kunden gleichermaßen vom mobilen Bezahlsystem profitieren können. Die Kosten für Finanztransaktionen ließen sich für Unternehmen beispielsweise im Vergleich zu den Kosten für traditionelle Kreditkartenzahlungen durch mobiles Bezahlen gewiss senken, Durchlauffrequenzen an der Kasse optimieren.

Auch auf Druck der Unternehmen ist es somit trotz aller Vorbehalte in der Bevölkerung wahrscheinlich, dass schon bald jeder bargeldlos mit dem Handy bezahlen wird – ob er es will oder nicht.

3 Kommentare

  1. Das Interesse daran steigt schon immer weiter, aber viele stellen das Thema Sicherheit immer noch in Frage. Es bleibt abzuwarten, welche Entwicklung man hier in Zukunft noch beobachten kann.

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