Die Digitalisierung ist das Buzz-Word unserer Zeit. Von digitalen Technologien und Prozessen sind indes nicht nur Privatpersonen und -haushalte betroffen, sondern natürlich auch die Wirtschaft. Doch die Digitalisierung bedeutet für alle unternehmerische Teilbereiche etwas Anderes, stellt Mitarbeiter und Abteilungen vor andere, wenn auch ähnliche Herausforderungen, vor allem auch das Rechnungswesen. Aber wie ist der Stand der Digitalisierung im Rechnungswesen? Und welche Chancen, Risiken und Herausforderungen sind dort zu nennen?
Digitale Transformation im Rechnungswesen: die Praxis
Bekannt ist mittlerweile, dass in den operativen Teilen der unternehmerischen Wertschöpfungskette im Grunde branchenübergreifend auf digitale Prozesse kaum noch verzichtet wird. Ob in der Hotellerie oder im Einzelhandel, überall sind digitale Prozesse zu verorten.
Doch nicht nur dort, auch die zentralen Funktionssegmente in Unternehmen sind von der digitalen Transformation betroffen – und können diese nutzen, um beispielsweise täglich wiederkehrende Arbeitsprozesse zu optimieren.
Die Buchhaltung samt ihrer elementaren Kernaufgaben kann besonders von digitalen Prozessen profitieren. Folgende Lösungen stehen aktuell und auch zukünftig auf der digitalen Agenda im Rechnungswesen.
Die papierlose Buchhaltung
Auch das „papierlose Büro“ ist mittlerweile zu einer Art Buzz-Word gereift. In Deutschland arbeiten viele Unternehmen bereits zum großen Teil papierlos, doch gerade in kleinen und mittelständischen Betrieben ist dies noch nicht gang und gäbe, siehe das Beispiel Rechnungen. Diese müssen nach Eingang oftmals noch eigens ausgedruckt, in Ordnern archiviert und vorab noch in das hauseigene Buchhaltungsprogramm implementiert werden; Aufgaben, die digital deutlich effektiver und somit schneller gelöst werden könnten, beispielsweise durch Dokumentenmanagementsysteme (DMS).
Prozessautomatisierung
Wiederkehrende Aufgaben sind gerade in der Buchhaltung keine Seltenheit, trotzdem fehlen Automatismen, die digital gelöst werden und somit Kapazitäten für anderen Aufgabenbereiche schaffen könnten, wobei auch hier wieder das Beispiel Rechnungsabwicklung zu nennen wäre. Das wohl bekannteste und bereits seit längerer Zeit genutzte digitale Tool für wiederkehrende Aufgaben ist das Online-Banking, das es ermöglicht, digital verschiedenste Aufgaben der Buchhaltung zu automatisieren.
Management und Datenanalyse
Die Verarbeitung großer Datenmengen, Stichwort Big Data, ist über analoge Prozesse kaum effektiv sicherzustellen. Auch hier müssen digitale Prozesse greifen. Cloud-Computing, digitale Schnittstellen zu externen Rechnungssystemen und damit digitale Konsolidierungssysteme, End-to-End-Prozesse und Realtime-Lösungen und -Reportings sind im Bereich Management und Datenanalyse die Lösungen der digitalen Zukunft.
Digitalisierung verstehen und richtig anwenden
Fakt ist, dass die Digitalisierung auch der Buchhaltung enorme Vorteile bieten kann – wenn sie denn richtig verstanden und in Arbeitsprozesse implementiert wird. Klar ist nämlich auch, dass die digitale Transformation auch eine Herausforderung darstellt. Die Digitalisierung steht auf der Agenda konkurrierender Unternehmen, der Wettbewerb wird verschärft, Unternehmen aller Größen und Branchen stehen unter Zugzwang und wollen den Anschluss nicht verlieren.
„Ich glaube, man muss genau überlegen, in welchen Fällen wir Daten zur Geschäftssteuerung schneller und vielleicht sogar in Realtime brauchen. Wobei man da natürlich auch sehr, sehr gut differenzieren muss, was nur „schick“ ist und was wirklich relevant ist und Wert schafft.“
(Jochen Schmitz, Siemens AG)
Denn klar, effizienteres Arbeiten, Prozessoptimierung und Realtime-Lösungen sind das eine, doch es gilt zu bedenken, dass hierzu auch Routinen und langjährige Prozesse aufgebrochen werden müssen. Der Zeitaufwand kann je nach Abteilung riesig sein, denn im Zentrum steht letztlich der Mitarbeiter und Verantwortliche einer Abteilung. Diese müssen geschult und eingearbeitet werden – und für eine gewisse Zeit natürlich auch kontrolliert.
Laut einer aktuellen Studie der Uni München überwiegen trotz dessen aber die Vorteile. In einer Umfrage habe die Digitalisierung in deutschen Unternehmen vor allem das Folgende bewirkt:
- Schnellere Reportings
- Kostensenkung
- Steigerung der Arbeitsqualität und IT-Kenntnisse der Mitarbeiter
- Verbesserung der Datenqualität und -konsistenz
Digitalisierung: ja! Aber wer und wie?
Bleibt aber am Ende auch die Frage, wer letztlich für die digitale Transformation in Unternehmen verantwortlich ist? Die IT-Abteilung? Der CFO oder am Ende doch der Abteilungsleiter im Rechnungswesen?
Diese Frage stellte die Uni München ebenfalls. Das Ergebnis: 50 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der CFO die Aufgabe innehabe, die digitale Transformation im Rechnungswesen anzuleiten. 28 Prozent schreiben diese Aufgabe dem Finanzvorstand bzw. CFO zu, 15 Prozent sind der Meinung, die Aufgabe obliege der IT-Abteilung. Nur ein Prozent aller Befragten will dafür eine eigene Digitalisierungsabteilung einsetzen.
„Automatisierung bedeutet nicht zwingend den Abbau von Arbeitsplätzen, sondern erlaubt es oftmals, die menschliche Arbeitskraft für Sinnvolleres einzusetzen. Als wir im Konzernreporting der SAP die ‚Last Mile of Reporting‘ automatisiert haben, haben wir keine Mitarbeiter abgebaut. Statt hauptsächlich händisch Zahlen zu erstellen, kontrollieren und erklären die Mitarbeiter jetzt Zahlen, was wesentlich wichtiger und für die Mitarbeiter auch viel interessanter ist.“
(Christoph Hütten, SAP SE)
So oder so braucht es für die Umsetzung aber auch ein klares Konzept – und natürlich auch Budget. Denn sogar wenn die digitale Transformation – auch im Rechnungswesen – im Endeffekt Kosten einsparen soll, braucht es zu Anfang Investitionskapital. Wie also sieht ein geordneter Digitalisierungsplan aus? Auch hierzu wurden Unternehmer von der Uni München befragt:
- Strategie entwickeln, konkrete Ziele definieren, Verantwortlichkeiten klären
- Neue Technologien evaluieren
- Digitale Kompetenzen der Mitarbeiter benennen und fördern
- Vorbereitung von Mitarbeitern und Führungskräften zur Umsetzung, Bereitschaft entwickeln
- Aufgaben innerhalb der digitalen Transformation delegieren, Entscheidungsprozesse klären
- Ausreichende Ressourcen bereitstellen
- Kooperation mit IT-Abteilung abklären
Wie man sieht, ist die Digitalisierung in der Buchhaltung komplex, unterscheidet sich aber nicht allzu stark von digitalen Transformationen in anderen Abteilungen. Letztlich müssen abteilungsintern Verantwortlichkeiten geklärt und Mitarbeiter richtig vorbereitet werden. Ein Strategieplan ist wie bei jedem Projekt die Grundvoraussetzung, um erfolgreich zu sein. Die Digitalisierung im Rechnungswesen bildet dort keine Ausnahme.
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