Glücksspiel im Online-Casino: Wie die Digitalisierung eine Branche neu erfindet

Spielchips fliegen aus Tablet
Glücksspiel erlebt dank der Digitalisierung einen Hype im Internet. Doch wohin führt der Trend? Bildquelle: © lucadp / Fotolia.com

Glücksspiel im Internet – wer sich derzeit im World Wide Web umschaut, den TV anschaltet oder einfach in seiner Monatszeitschrift blättert, kommt nicht drumherum, Werbung für Glücksspielangebote anzutreffen. Poker, Black Jack, Roulette, ja selbst Automatenspiele lassen sich heutzutage bequem vom Sofa aus spielen. Die Digitalisierung hat wesentlich dazu beigetragen, aus dem ehemals verpönten Zeitvertreib ein gesellschaftsfähiges Hobby zu machen. Aktuelle Zahlen belegen den Hype um das Online-Glücksspiel. Doch wohin führt der Weg? Rollt der Rubel weiterhin oder heißt es bald: rien ne va plus?

Zwischen Gewinn und Verlust: So wichtig ist der Glücksspielmarkt in Deutschland

35 Mrd. Euro erwirtschaftet der regulierte deutsche Glücksspielmarkt Jahr für Jahr. Betrachtet man die Bruttospielerträge, das sind die Spieleinsätze abzüglich der an die Glücksspieler ausgeschütteten Gewinne, so kommt man auf Einnahmen von 10 Mrd. Euro im Jahr. Da scheint es nur verständlich, dass dem deutschen Fiskus daran gelegen ist, seinen Glücksspielmarkt zwar im Zaum zu halten und zu regulieren, die Zügel des Goldesels aber nicht allzu streng anzuziehen.

Denn abgesehen von attraktiven Geldern, die der größte Spielbankenbetreiber des Landes, nämlich der Staat selbst, jedes Jahr einnimmt, ist die deutsche Glücksspielbranche auch ein nicht gerade kleiner Arbeitgeber. Circa 198.000 Deutsche verdienen ihren Lebensunterhalt derzeit im Glücksspielsektor. Das sind beeindruckende Zahlen, die verdeutlichen, welchen volkswirtschaftlichen Stellenwert das oftmals kontrovers diskutierte Feld des Glücksspiels in Deutschland einnimmt.

Die nackten Zahlen lassen aber ganz bewusst außer Acht, dass circa 60-80 Prozent der Einnahmen aus Spielhallen und Co. von Menschen stammen, die als spielsüchtig gelten. Zwischen 200.000 und 400.000 Menschen in Deutschland sollen dem zwanghaften Glücksspiel bereits verfallen sein. Der Gesetzgeber ist daher mehr oder minder bemüht, die nicht gerade kleine Kontroverse zwischen ethischer Verantwortung und ökonomischen Interesse mit eindeutigen gesetzlichen Richtlinien aufzulösen. Diese lassen sich im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) nachlesen, der erst kürzlich novelliert wurde.

Diese neuen Regelungen konstituieren den neuen Glücksspielstaatsvertrag:

  • Spielhallenbetreiber dürfen zukünftig keine Mehrfachkomplexe mehr betreiben. Konzessionen sind fortan auf 12 Automaten begrenzt.
  • Zwischen den Spielhallen müssen Mindestabstände eingehalten werden. Wie groß dieser Abstand ausfallen muss, wird individuell von den Bundesländern bestimmt. Zudem dürfen Geldautomaten nicht mehr in der Nähe von Spielhallen stationiert werden.
  • Zu Berufsschulen und Gymnasien muss ebenfalls ein Mindestabstand eingehalten werden.
  • Spielhallen dürfen sich nicht mehr als „Casino“ bezeichnen, da durch diesen Begriff die Assoziation von Glamour geschaffen und der Spielanreiz potenziert werde.

Der Schutz vor Spielsucht sei das erklärte Ziel der Gesetzesänderungen. Die Deutsche Automatenwirtschaft (DAW) hingegen spricht von wirtschaftlichen Schäden, von Einbußen bei den Steuergeldern und Arbeitsplatzverlusten. Zudem bezweifle man, dass durch die Gesetzesnovelle tatsächlich die Spielsucht bekämpft werde, denn „in Zeiten massenhafter Spielangebote im Internet (…) ist diese Beschneidung des legalen Automatenspiels der falsche Weg“, heißt es in einer Stellungnahme der DAW gegenüber der Osnabrücker Zeitung. Doch stimmt das? Oder ist es nicht vielmehr die Digitalisierung, die den Wechsel vom stationären Glücksspiel hin zum Glücksspiel im Internet bewirkt?

Der unregulierte Glücksspielmarkt – wie die Digitalisierung das Gesetz überholt

Die bisher aufgeführten Zahlen bezogen sich allein auf den regulierten deutschen Glücksspielmarkt. Dies betrifft beispielsweise Lotterien oder Sportwettenangebote der 16 Landeslotteriegesellschaften, ebenso Spielbanken oder legale Gewinnspielgeräte in Spielhallen. Mit Blick auf den nicht-regulierten Markt rücken aber auch Glücksspielanbieter in den Fokus, die hierzulande zwar in aller Munde, weil in allen Medien, vor allem in TV und Internet, omnipräsent sind, sich de facto aber zumindest in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Dazu zählen zum Beispiel private Sportwettenanbieter wie Tipico, aber auch viele private Online-Casinos wie StarGames oder das 888 Casino.

Zahlreiche Anbieter von Online-Casinos befinden sich mittlerweile auf dem Markt, unter denen sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch ein unseriöses Spielcasino befindet.“

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Unter dem nicht-regulierten Markt in Deutschland werden alle Glücksspielanbieter subsumiert, die sich nicht im Besitz einer deutschen Glücksspielkonzession befinden, wohl aber eine Glücksspielgenehmigung aus einem anderen Land der Europäischen Union vorweisen können. Wird das deutsche Gesetz als alleinige Grundlage genommen, bewegen sich diese Glücksspielanbieter nichtsdestotrotz auf illegalem Boden. Geduldet werden sie aber trotzdem, was nicht zuletzt wieder dem Geld geschuldet ist. Circa 6 Mrd. Euro wurden nämlich allein im letzten Jahr auf dem nicht-regulierten deutschen Sportwettenmarkt umgesetzt. Der Gesetzgeber profitiert in diesem Fall ebenfalls steuerlich. Denn seit dem 01. Juli 2012 müssen Sportwettenanbieter eine fünfprozentige Wettsteuer an den Fiskus abführen. Sie ist Teil des deutschen Rennwett- und Lotteriegesetzes und Symbol für die Irrungen und Wirrungen auf dem deutschen Glücksspielmarkt, auf dem nicht-regulierte Glücksspielanbieter zwar keine rechtliche Grundlage für ihr Angebot besitzen, trotzdem aber besteuert werden.

Das Problem von Glücksspiel im Internet bei privaten Anbietern ist für den Einzelnen aber ein anderes: Denn eben weil die privaten Glücksspielvertreter im Netz nicht auf einem regulierten Markt agieren, unterliegen sie auch nicht denselben regulatorischen Auflagen wie die Anbieter auf dem regulierten Markt. Für Teilnehmer am Glücksspiel im Internet hat dies zufolge, dass sie eben nie genau wissen können, wem sie ihr Geld anvertrauen. Allerdings ist die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Anbietern allein eine Frage nach dem Besitz einer Konzession. Die Klassifizierung sagt hingegen nichts über die Seriosität der Anbieter aus, die in den meisten Fällen Glücksspielkonzessionen aus Malta oder Gibraltar vorweisen können und somit zumindest den europäischen Richtlinien entsprechen. Auch deswegen spricht man in Deutschland meist vom regulierten, nicht-regulierten und dem Schwarzmarkt. Letzterer fasst alle Glücksspielanbieter zusammen, die weder über eine deutsche noch über eine europäische Konzession verfügen und somit nach gesamteuropäischen Rechtsverständnis illegal, meist gar kriminell sind.

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Online-Casinos dominieren die Bruttospielerträge auf dem nicht-regulierten Glücksspielmarkt in Deutschland. Bildquelle: Handelsblatt Research Institute
Die Gefahr, auf einen Glücksspielanbieter des Schwarzmarktes zu treffen, ist angesichts der Bekanntheit vieler Marktteilnehmer sowie unzähliger Testportale im Internet zwar wohl nur eine theoretische, nichtsdestotrotz wurde auch die Europäische Union (EU) bereits vor Jahren auf das Problem des deutschen Glücksspielsektors aufmerksam und forderte die Liberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes. 20 Konzessionen sollten deswegen an private Glücksspielanbieter ausgegeben werden. Rechtliche Streitigkeiten verhinderten dies jedoch. Im März dieses Jahres einigten sich die Ministerpräsidenten der Länder dann aber endgültig auf eine Reform des GlüStV, die eine neue Regelung für die Ausgabe von Konzessionen für 2018 vorsah. Weil die Landesregierung in Schleswig-Holstein den von der Vorgängerregierung ausgehandelten Entwurf aber nicht akzeptieren möchte, dürften sich private Glücksspielanbieter in Deutschland auch zukünftig in einer rechtlichen Grauzone bewegen.

Wie eSports das Glücksspiel verändert

Das rechtliche Problem spielt für Glücksspieler selbst in den meisten Fällen indes nur eine untergeordnete Rolle. Denn die Vorteile, die Teilnehmer am Glücksspiel online erfahren, liegen auf der Hand: ein zeit- und ortsunabhängiges sowie schnelleres Spiel ist das eine, der Wegfall von Dresscodes oder anderen Restriktionen das andere. All dies sind Faktoren, die erklären, warum das Glücksspiel im Internet derzeit einen Hype erlebt, sie erklären jedoch nicht das akute Wachstum der Branche.

Für den Online-Glücksspielmarkt ist nämlich die Digitalisierung der verschiedenen Spielformen der treibende Faktor für das aktuelle Wachstum, potenziert wird diese Entwicklung aber weiter, weil digitale Ereignisse selbst zum Gegenstand von Glücksspiel werden können, wie am Beispiel des eSports (Electronic Sports) zu sehen ist.

Ihre Stars sind oft noch minderjährig, bezahlt werden sie aber teilweise wie die großen Stars des Fußballs: eSportler.

League of Legends, Hearthstone oder DOTA 2 heißen die „Videospiele“, die heutzutage in kompetitiven Veranstaltungen gespielt und deren Gewinner mit Preisgeldern in Millionenhöhe dotiert werden. Dass die Professionalisierung des Gamings möglich war, ist nicht zuletzt der Digitalisierung und der wachsenden Leistungsfähigkeit der Internet-Infrastruktur zu verdanken. Dass dies selbstredend auch ein mediales Echo hervorruft, dürfte klar sein, und dass der Sprung vom digitalen Spielewettbewerb hin zum digitalen Glücksspiel, das sich auf eben jenen Wettbewerb bezieht, nicht allzu weit ausfällt, ist ebenso einleuchtend, zumal Sportwetten an sich seit Jahren den am stärksten wachsenden Bereich des Online-Glücksspiels stellen.

Gerade in Bezug auf eSports kommen dann aber auch Problemfelder auf die Glücksspielbranche zu, wie sie auch in anderen Sportarten in den letzten Jahren bekannt wurden. So fehlt es nämlich an Regularien, wodurch im Fußball in der Vergangenheit zahlreiche millionenschwere Skandale zu verzeichnen waren, die nun auch den eSport befallen. Bereits 2016 gab es einen Wettskandal um zwei eSportler, die im Zuge eines Wettbewerbs in Starcraft 2 auf Spiele wetteten, an denen sie selbst teilgenommen hatten. Weil es aber an eindeutigen Regularien fehlt, ist auch der rechtliche Umgang mir derlei Vorkommnissen schwierig zu bewerten.

Hinzu kommt, dass eSport zumindest in Deutschland offiziell noch nicht als Sport gilt und zumindest in naher Zukunft auch nicht als Sport gelten wird. Dies geht aus einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses aus Berlin hervor, das Anfang 2016 auf eine Anfrage der Piraten-Fraktion nach der Einordnung von eSport antwortete. Wenn eSport aber nicht als Sport gilt, dürfte es zukünftig auch schwierig werden, Wetten auf eSport-Veranstaltungen als Sportwetten zu deklarieren, was wiederum notwendig wäre, um eSport-Wetten den Regularien von Sportwetten zu unterwerfen.

Alles in allem dürfte der Aufschwung des Online-Glücksspiels aufgrund der wachsenden Begeisterung für schnell zugängliches Glücksspiel im Internet und seiner Wettmärkte wie dem eSport aber natürlich anhalten, die Digitalisierung wird es den Glücksspielanbietern aber nicht einfach machen, sich vom Ruf einer nebulösen Branche zu emanzipieren, um so endlich in die Mitte der Gesellschaft vorzustoßen.

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